Interview: „Bauen unsere Fachgebiete aus, Labor und Überseeumzüge“

Vier Jahrzehnte war Anton Schindlauer die bestimmende Kraft bei Schindlauer in Garching, seit Neuestem fegt mit Tobias Merkel-Schindlauer und Jasmin Schindlauer eine neue Spitze durch den bayerischen Umzugsspezialisten. Im Interview mit dem Branchenmagazin der möbelspediteur gibt Tobias Merkel-Schindlauer Einblicke ins Unternehmen und erläutert Pläne für die Zukunft.

 



Dieses Interview wurde im Original mit dem Branchenmagazin der möbelspediteur geführt und erschien in der Ausgabe 03/2024.





Herr Merkel, Anton Schindlauer, der bisherige Geschäftsführer, ist Ihr Vater?

Tobias Merkel-Schindlauer: Nein, der Schwiegervater. Ich sag: mitgehangen, mitgefangen. Die Töchter hatten nicht so das Interesse an der Übernahme. Ich war vorher schon selbstständig und hab gesagt, ‚ich verstehe das gar nicht, wenn mein Vater das gemacht hätte...‘. Aber summa summarum war es dann so, dass meine Frau und ich gesagt haben, ‚wir wollen das doch‘, obwohl wir erst befürchteten, dass es nicht geht, mit dem Partner in derselben Firma zu arbeiten. Mittlerweile bin ich seit Januar 2023 mit meiner Frau, Jasmin, gemeinsam Geschäftsführer.


Sie sind Speditionskaufmann oder der klassische Quereinsteiger, den man so häufig findet?

Merkel: Ich komme aus dem kaufmännischen Bereich, aber nicht aus der Spedition. Ich habe allerdings im ersten Jahr schon Feuer gefangen und wusste, dass ich mich nur noch darauf konzentrieren wollte.


Wann genau sind Sie bei Schindlauer eingestiegen?

Merkel: 2018.


Also jetzt fast sechs Jahre; dann weiß man schon, was es heißt, in der Umzugsbranche die Verantwortung zu übernehmen, da gibt es doch einfachere Felder in der Logistik, oder?

Merkel: Es kommt aus der Familie und wir wollen die Familientradition fortführen. Das war für mich immer das Wichtigste. Ich hänge diese Traditionen immer sehr hoch und Schindlauer gibt es jetzt seit 1930. Es wäre schade, wenn es diesen Namen zwar noch gibt, aber er eben nicht mehr familiengeführt ist.


Wie groß ist Schindlauer heute, was Mitarbeiter, Fuhrpark und Lagerflächen angeht?

Merkel: Wir haben 2.500 Quadratmeter Lagerfläche. Im Fuhrpark gibt es fünf Lkw, Außenaufzug, Stecklift, zudem 3,5-Tonner und weitere acht Fahrzeuge. Seit ich da bin, haben wir unseren Fuhrpark komplett modernisiert. Damals waren wir auf Renault unterwegs, mittlerweile fast nur MAN und Mercedes. Das ist jetzt ein Fuhrpark, der auch alle EU-Normen einhält. Wir wollen auch im nächsten Jahr das Umweltzertifikat, also die ISO 14001, anstreben. Ob wir das im nächsten Jahr schon schaffen, einen klimaneutralen Umzug anzubieten, das weiß ich allerdings noch nicht. Ohne Büro gerechnet haben wir rund 20 Mitarbeiter.


Fuhrpark Schindlauer


Ich habe mir im Vorfeld alle Meldungen auf der DMS-Seite zu Schindlauer angeschaut. Sie sind eigentlich gar nicht klein, was gewerbliche Umzüge angeht, da stehen ein paar sehr große Namen. Aber irgendwie ist Schindlauer sehr unsichtbar gewesen, nicht nur für uns als Zeitschrift. Warum ist das so?

Merkel: Das ist eine sehr gute Frage, aber das ist auch der Grund, warum wir jetzt einiges ändern wollen. Zum Beispiel ist sicher, dass wir uns besser mit Kollegen und Speditionen vernetzen wollen. In Sachen Firmenumzüge sind Anton Schindlauer und ich in den letzten drei Jahren wahnsinnig vorangekommen. Hier sind wir mittlerweile sehr gut aufgestellt. Warum man von uns nicht so viel mitbekommt, liegt wohl daran, dass es so reibungslos läuft. (lacht) Ich versuche, uns bei der AMÖ mehr einzubringen. Das wird viel geändert und andere Speditionen können auch gerne uns anfragen.


Stichwort DMS: In Stuttgart und Böblingen gibt es noch eine sehr große Nähe zwischen zwei Partnern, bei Ihnen in Garching sitzt mit Johann Wunder ein anderer DMS-Betrieb nur wenige Kilometer entfernt und auch der deckt den Norden von München ab. Ist das eher ein Vorteil oder hinderlich bei Aufträgen aus der Zentrale?

Merkel: Es sind zwei weitere DMS-Kollegen in der Umgebung. Hier setzen wir auf Synergien und Zusammenarbeit. Aufgrund deren Lage verteilt sich das Geschäft. München ist ein Ballungsgebiet und jeder hat hier seine Kunden. Es gibt in München sehr viele andere Spediteure und der Preiskampf ist in einer Großstadt höher als in ländlicheren Gebieten. Daher setzen wir auf Qualität und Service. Wir profitieren von der DMS, da diese in ganz Deutschland vertreten ist und man ganz andere Möglichkeiten einer Zusammenarbeit hat. Seien es Be- oder Entladehilfen, Kombinationsfahrten oder aber Abgaben von gesamten Aufträgen. Man versucht nicht nur als Mitbewerber auf dem Markt aufzutreten. Das geht halt gut, wenn man vernetzt ist.


Ich beobachte seit Jahren, dass immer mehr Umzugsspediteure München verlassen und in das direkte Umland ziehen ein Effekt, der sich in vielen Großstädten beobachten lässt und die Gründe kennt man. Garching speziell ist ein echter Hotspot geworden. Allerdings ist das doch ein immenser Anfahrtsweg, wenn jemand zur Akquisition nach München muss?

Merkel: Ich brauche von hier in den Norden München zehn Minuten und klar: Wenn es nach Grünwald ins Villenviertel geht, brauche ich schon mal eine Dreiviertelstunde. Aber allein, dass hier natürlich die Mieten viel günstiger sind als in München – wir saßen ja früher selbst mitten in München, lange in der Dieselstraße, anschließend in der Belgradstraße (Anm:Schindlauer hatte 1986 seinen Firmensitz nach Garching verlegt) , was heute alles Wohngebiete sind – sehe ich den Standort als Vorteil. Wir haben drei Autobahnanbindungen mit der A9, A92 und A99 und sind in einer halben Stunde im Schnitt in München. Der Flughafen liegt hier auch direkt vor der Tür. Wir betreuen aber auch Freising und umliegende Landkreise mit und sind von hier aus überall sehr schnell dort. Klar sehe ich aber auch zu, nicht genau morgens um acht bei einem Kunden zu sein, wenn der Berufsverkehr am stärksten ist – da ist es ab neun Uhr besser. Unsere Mitarbeiter fangen vor dem Berufsverkehr an, so umgehen wir lange Stauzeiten.


Stichwort München und noch mal das Thema Fuhrpark: Wie strikt und einschränkend sind die Umweltzonen in München?

Merkel: Wer auf den Ring und in die Stadt reinfahren will, braucht die neuesten EU-Normen. Das macht es schwierig, obwohl es natürlich für Handwerker und viele andere Sondergenehmigungen gibt. Aber ich würde mir natürlich auch wenn der Leasingvertrag für mein Auto ausläuft, für Besichtigungen ein Elektrofahrzeug zu holen. Ich brauche kein großes Auto und es ist ein Teil, in welchem wir uns eben klimaneutraler aufstellen wollen.


Ehepaar Schindlauer


Sie sind jetzt fast sechs Jahre dabei, kennen den Betrieb also richtig gut. Was ist Ihr Fahrplan für die nächsten Jahre, zusammen mit Ihrer Frau Jasmin? Traditionen weiterleben lassen ist sicher das eine, aber Geschäftsausbau, Expansion und neue Geschäftsfelder das andere.

Merkel: Wir wollen noch ein wenig wachsen, Ja. Keine totale Expansion und riesig groß werden, das ist nicht unser Plan. Ich freue mich, dass ich jeden Namen meiner Mitarbeiter hier kenne. Aber wir haben Fachgebiete, die wir ausbauen wollen. Dies sind einerseits der Laborumzug und andererseits die Überseeumzüge – das steht jetzt beispielsweise auch noch nicht auf unserer Homepage. Wir bieten solche Services an, haben diese bislang aber noch nicht beworben. Das wollen wir künftig aufnehmen und auch bewerben. Wo wir uns wirklich bewährt haben, die letzten Jahre, sind große Aufträge: Eines unserer größten Projekte war letztes Jahr die Frauenklinik in München, welche wir geräumt, die Entsorgung und Verwertung des Inventars bis zur besenreinen Übergabe abgewickelt haben. Das wollen wir stärker machen, also nicht nur den reinen Umzug ausführen. Zur Zeit arbeiten wir auch schon daran, das Umzugsmanagement auszubauen. Wir haben festgestellt, dass Kunden immer mehr auf ein Umzugsmanagement angewiesen sind.


Schindlauer hat auch vor Ihrer Zeit schon sehr große Umzüge realisieren können, da stehen ja ein paar auf Ihrer Website.

Merkel: Ja, das ist richtig und es kamen weitere hinzu. Um diese wieder aktuell zu halten, überarbeiten wir diese gerade, wie wir uns in der virtuellen Welt besser darstellen können. Deswegen waren wir da in der letzten Zeit auch eher etwas still. Wir wissen, dass wir uns sichtbar machen müssen. Und das geht heute eben nicht mehr über die Zeitungen, wie man es früher gemacht hätte, sondern eben mit digitalen Medien.


Wie führen Sie beide den Betrieb heute?

Merkel: Wir haben flache Hierarchien. Mitarbeiter können jederzeit zu uns kommen und wir haben Benefits für die Mitarbeiter eingeführt. Um Mitarbeiter zu halten, ist es wichtig, solche Boni einzubauen. Wir haben zum Glück auch Mitarbeiter, die uns seit 20 oder 25 Jahren begleiten. Da sind wir wahnsinnig stolz drauf, weil diese auch die Erfahrungen der Firma teilen. Da müssen wir schauen, dass wir diese halten können – diese müssen sich die Mieten in München ja auch leisten können.


Wie  teilen  Sie  beide  sich  das Tagesgeschäft auf?

Merkel: Im Moment ist meine Frau noch zum Teil in Elternzeit, ist zurzeit zweimal die Woche da, arbeitet in der Buchhaltung sowie im Personalwesen und dem Organisatorischen, wie zum Beispiel der ISO 9001. Aber sie war relativ zeitnah mit mir bereits im Unternehmen aktiv und war dort auch in der Akquisition tätig. Sie weiß, um was es geht. Aber aufgrund unserer Tochter mussten wir uns jetzt etwas anders aufstellen. Ich kenne meine Arbeitstage und sitze manchmal 13, 14 Stunden im Büro. Das kann meine Frau nicht auch noch machen, wenn man ein Kind hat. Aber wir haben seit letztem Jahr einen neuen Disponenten, der uns unterstützt. Und auch im Büro gibt es mehr Mitarbeiter, auch einige neue Mitarbeiter wie zum Beispiel die Assistenz der Geschäftsführung.


Da Ihr Schweigervater ein Möbelspediteur vom alten Schlag war, vermute ich mal, es gab damals die Magnettafel und ein großes Buch in der Dispo. Wenn Sie jetzt sagen, die Stelle ist jetzt neu besetzt, heißt das auch, dass Sie diesen Bereich digitalisieren wollen oder schon digitalisiert haben?

Merkel: Wir stellen aktuell um. Unsere Dispo hat tatsächlich früher ein großes Buch genutzt, wie man es kennt. Ich sage nicht, dass das schlecht ist. Seit November 2023 haben wir die Dispo komplett online aufgestellt. Wir können dank unserer Systeme hinter jeden Auftrag E-Mails, Bilder und andere Unterlagen ablegen. Und natürlich spart man sich so das ganze Drucken. Ein weiterer Vorteil ist, dass ich beim Kunden vor Ort direkt nachschauen kann, wenn er einen Umzugstermin nennt, wie es da bei uns überhaupt ausschaut.


Letzte Frage: Was macht Ihr Schwiegervater nun?

Merkel: Es ist ja nicht so, als wenn es jetzt keinen Anton Schindlauer mehr gibt – natürlich ist er beratend immer noch dabei. Er steht Jasmin und mir weiter zur Seite.
 

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